Beschreibung
Zur Mitte des 15. Jhs. trug ein wohlhabender und gebildeter Bürger im Nürnberger Raum eine Reihe von Liedern für den Privatgebrauch zusammen und sorgte für ihre gebundene Niederschrift: Diese später als Lochamer Liederbuch bezeichnete Sammlung wird heutzutage gerne etwas polemisch und nicht ganz zutreffend als erstes deutsches Liederbuch bezeichnet.
Auf jeden Fall aber nimmt sie mit ihren 41 Gesangsstücken in der Überlieferung deutschsprachiger Lieder eine besondere Stellung ein. Ihre Bedeutung wurde mit der späteren Hinzufügung eines Instrumentalteiles, der 32 Bearbeitungen enthält, nochmals gesteigert. Das Liederbuch und besonders die instrumentale Sammlung entstand vermutlich im Umfeld des berühmten blinden Organisten und Lautenspielers Conrad Paumann, der auch in Nürnberg tätig war.
Zwar gibt es schon seit längerem eine gut recherchierte wissenschaftliche Übertragung des Liederbuches, jedoch stand die praktische Aufführbarkeit der Stücke in den bisherigen Ausgaben nicht im Vordergrund.
Die vorliegende Edition enthält eine Auswahl ein- und mehrstimmiger Lieder sowie zugehöriger Instrumentalbearbeitungen in einer neuen Übertragung aus dem Original. Obwohl der Schwerpunkt auf der Spielbarkeit der Stücke liegt und die Edition um aufführungspraktische Hinweise ergänzt ist, wird sie durch einen kritischen Kommentar auch wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht.
Neben beliebten und bekannten Klassikern, wie das Wach auf mein hort Oswalds von Wolkenstein und das mehrstimmige Der wallt hat sich entlawbet, fanden auch weniger bekannte und nicht minder schöne Melodien Eingang in diese Zusammenstellung, darunter z.B. Möcht ich dein begeren und Ein vrouleen edel von natüren.
English:
In the middle of the 15th century, a wealthy, well-educated citizen from the Nuremberg area compiled a number of songs for private use, had them written down and bound: This collection, which became known later as the “Locham Songbook”, is nowadays frequently identified – not entirely correctly – as the first German-language songbook.
With its 41 songs, it occupies a special position within the tradition of songs in the German language. The addition of a chapter with instrumental music containing 32 arrangements even enhanced its importance. The origins of the songbook, and in particular the collection of instrumental music, can probably be linked to the famous blind organist and lutenist Conrad Paumann, who was also active in Nuremberg.
A well-researched scientific transcription of the songbook has been available for some time, practical aspects of performance, however, had not been a major concern of previous editions. The present edition contains a selection of mono- and polyphonic songs as well as related instrumental arrangements in a new transcription from the original. Although the focus is on the playability of the pieces and the edition is complemented by notes on performance practice, its commentary fulfils scientific standards.
In addition to well-known, popular ‘classics’ such as ‘Wach auf mein hort’ by Oswald von Wolkenstein and the polyphonic ‘Der wallt hat sich entlawbet’, less known, but no less beautiful tunes were included in this compilation, e.g. ‘Möcht ich dein begeren’ or ‘Ein vrouleen edel von natüren’.
The CD to go with this book: CD ‚Das Lochamer-Liederbuch‘, recorded by Ensemble Dulce Melos and Martin Hummel (NAXOS).
ISBN: 978-3-927240-83-4
Auflage 2., verbesserte Auflage 2016
Format: DIN A4
Seitenzahl: 48 Seiten
Einband: Broschur
Rezension des Magazins für Geschichte chronico (www.chronico.de):
"Spätestens mit der um 1300 entstandenen Manessischen Liederhandschrift (Codex Manesse) war die Zeit der sich vor allem auf mündliche Überlieferung stützende Tradierung von Literatur und Liedgut vorbei. Einige deutschsprachige Liederhandschriften sowie Liederbücher aus dem Spätmittelalter und der beginnenden Neuzeit sind heute bekannt. Zu den wichtigsten Sammlungen zählt schon aufgrund seines Umfangs das Lochamer Liederbuch aus der Zeit um 1460.
2007/8 legte der Musiker und Musikwissenschaftler Marc Lewon das Liederbuch gleich in zweifacher Ausfertigung vor: 26 der insgesamt rund 50 Stücke des Lochamer Liederbuchs spielte Lewon mit seinem Ensemble Dulce Melos und dem Bariton Martin Hummel ein (Naxos). Im Verlag der Spielleute erschien zudem eine zweiteilige Printedition über das Liederbuch.
Die Sache ist die: Gut erhaltene Liederbücher, die auch noch mit ausführlichen Melodien aufwarten (wenn auch nicht mit Takten oder exakten Tonhöhen, das war im Mittelalter nicht üblich), sind ein Leckerbissen zunächst für Forscher. Es gibt sie denn auch, die wissenschaftlichen Abhandlungen zum Lochamer Liederbuch. Der naturgemäß praxisorientierte moderne Musiker aber braucht andere Türen, um sich ein solches historisches Material zu erschließen. Unabhängig davon, ob es ihm um freie Interpretationen oder möglichst authentische Aufführungen geht. Eine solche Tür ist die zweibändige Edition von Marc Lewon. Insgesamt 20 ein- und mehrstimmige Lieder hat Lewon für diese Ausgabe übertragen und aufbereitet. Die musikalische Aufführbarkeit der Stücke ist das Ziel der Übung. Akribisch überträgt Lewon die Noten und entschied sich für einen moderne Takt. Dass allein damit auch seine Arbeit schon eine gewisse Interpretation ist, macht der Autor eingangs gleich deutlich. Textmelodien und Instrumentalanteile bereitet Lewon gewissenhaft auf und geizt auch nicht mit ausführlichen Kommentaren und Hinweisen zur Spielpraxis. …
(siehe http://chronico.de/besprechen/musik/0000511/)
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