Das Königreich der Spielleute

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Organisation und Lebenssituation elsässischer Spielleute zwischen Spätmittelalter und Französicher Revolution von Hartwig Büsemeier

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Beschreibung

“Spielleute und Lumpen – wachsen auf einem Stumpen“, sagt ein zeitgenössisches Sprichwort. Die mittelalterlichen Spielleute waren beides: gerngesehene und gerngehörte Unterhalter und gesellschaftliche Außenseiter, deren Lebensstil die Menschen eher mit Abscheu gegenüberstanden. Ihre Mobilität und ihr unstetes Wanderleben standen in krassem Gegensatz zu einer wohlgeordneten Welt, die durch Sesshaftigkeit, Ständehierarchie und Zunftzwang bestimmt war.

Im 14. Jahrhundert hatten sich elsässische Spielleute in einem großen landschaftlichen Berufsverband zusammengeschlossen. Dieses Königreich fahrender Leute stand unter dem Schutz des mächtigen Herren von Rappoltstein, dem die Spielleute steuerpflichtig waren, und der sich im Gegenzug verpflichtete, ihre Interessen wahrzunehmen und sie gegen Übergriffe von aussen zu schützen. Um sich mit der Kirche auszusöhnen, wählten sie Maria zu ihrer Schutzpatronin und versammelten sich ihr zu Ehren alljährlich zum Pfeifertag.

An der Spitze des Königreichs stand der Pfeiferkönig: Er hatte die Aufgabe, Ordnung unter dem bunten Musikantenvolk zu halten und über die Einhaltung der Zunftregeln zu wachen. Ebenso war er aber auch der oberste Gerichtsherr des Pfeifergerichts, einer eigenen Gerichtsbarkeit, auf die die Spielleute besonders stolz waren.

Hartwig Büsemeyer stellt in diesem Buch die Geschichte der Bruderschaft elsässischer Spielleute über den gesamten Zeitraum ihrer Geschichte dar – von Ende des 14. Jahrhunderts bis zur Französischen Revolution.

Der Schwerpunkt seiner Arbeit lag in der Erforschung des Kleinlebens und der Alltagskultur der Spielleute. Die Gründe, die zum langsamen Verfall und zur Auflösung der Bruderschaft führten, konnte der Autor mit Hilfe bisher nicht veröffentlichter Quellen aus den Archiven von Colmar und Straßburg sehr genau darstellen.

Hartwig Büsemeyer, 1953 in Bielefeld geboren, lebt in Esslingen bei Stuttgart. 1977 gründete er mit Freunden die Gruppe Spielleut, die Alte Musik auf Nachbauten historischer Instrumente konzertant aufführt. In diesem Ensemble tritt er hauptsächlich als Holzbläser in Erscheinung und spielt verschiedene Sackpfeifen, Schalmei, Cornamuse, Gemshorn, Krummhorn und Flöte. Als Autor beschäftigte er sich schon früh mit den historischen Spielleuten. Hier galt sein besonderes Interesse bald den elsässichen Musikanten.

Inhalt:

Die gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag enthält über 90 Abbildungen, ein ausführliches Glossar, detaillierte Quellenangaben und ein Verzeichnis der verwendeten Abbildungen. Zu diesem Titel ist eine Rezension in der Revue d’Alsace Nr. 131, 2005 von Georges Bischoff erschienen. Die deutsche Übersetzung der Rezension finden Sie in der Leseprobe zu diesem Buch oder im Downloadbereich unserer Homepage.

Hartwig Büsemeyer erhielt am 01. Oktober 2006 für sein Werk den renommierten Elsass-Preis der Académie d’Alsace, der von der Stadt Schongau gestiftet wird. Mit diesem Preis zeichnet die Akadémie d’Alsace alle zwei Jahre Autoren aus, die sich um die deutsch-französische Zusammenarbeit und Verständigung verdient gemacht haben.

Bestell-Nr.: 65-0
ISBN: 978-3-927240-65-0
Format: 19 x 26 cm
Seitenzahl: 246 Seiten
Einband: Gebunden mit Schutzumschlag

Rezension des Buches von Hartwig Büsemeyer „Das Königreich der Spielleute“ – Organisation und Lebenssituation elsässischer Spielleute zwischen Spätmittelalter und Französischer Revolution – erschienen in Revue d’Alsace Nr. 131, 2005 von Georges Bischoff

Dies ist ein willkommenes Buch. Zuerst wegen des Äußeren: eine gute Bindung, ein einwandfreies Seitenlayout, gut bezeichnete Abbildungen, sehr gut lesbare Texte mit wohlbedachten Fußnoten, ein Ortsindex, ein Personenindex usw. Zum Zweiten jedoch und vor allem wegen des Inhalts, der einerseits den darstellerischen und musikwissenschaftlichen Aspekt beleuchtet, andererseits aber auch populärwissenschaftlich anspruchsvoll ist.

Und in der Tat ist der Stoff von beträchtlichem Umfang. Die Geschichte der Spielleute im Elsass ist lange von Autoren beschrieben worden, die sie als kurzen Überblick im 19. Jh. behandeln. Wenn man Vogeleis folgt, der bis heute die Bibel der Musikgeschichte des Elsass ist, hat sich die Bibliographie des Themas seitdem kaum vergrößert, sei es weil einfach ‚geklont’ wurde oder sei es, dass nur kurze Aufsätze in Fachzeitschriften herauskamen.

Die Bedeutung des Werkes beruht auf dem thematischen Überblick angefangen von der Frage nach den Ursprüngen, der Organisation und den Arbeitsbedingungen der regionalen Bruderschaft, die man unter dem ein wenig mittelalterlichen Begriff ‚Spielleute’ bezeichnet. Im Ganzen sind es 11 Kapitel in drei großen Abschnitten. Es beginnt mit dem Bericht, der sich mit der Einsetzung der bruderschaftlichen Institutionen beschäftigt, einem Vorgang, der nicht genau datierbar ist aber gelegentlich des Konzils zu Basel stattfand, und sich – wahrscheinlich – nach dem Vorbild anderer regionaler Gemeinschaften (z.B. der Kesselschmiede oder der Schuhmacher) richtete. Das erste hoheitliche Zeugnis, das den Herren von Ribeaupierre eine Vormundschaft über die fahrenden Musikanten zuerkannte, stammt von 1481, aber ihre Rolle wurde in dieser weit zurückliegenden Epoche immer gewichtiger, wie es auch Dokumente von Maximilian I und seinem Vater Bruno gegen Ende des 14. Jh. unterstreichen. Das Gebiet, das ihnen übertragen wurde, ist genau umschrieben als das Elsass zwischen dem Gebirgskamm und dem Rhein, dem Wald von Haguenau und den Ausläufern des Jura, was übrigens dazu einlädt, über die Identität dieser Region nachzudenken, die nicht notwendigerweise der ‚Oberrhein’ ist, über die beiden Ufer – das rechte hatte übrigens seine eigene Bruderschaft mit dem Mittelpunkt Riegel im Breisgau und unter dem offiziellen Schutz der Grafen von Württemberg (1458). Im Übrigen kann das Zentrum der mittelelsässischen Bruderschaft in Ribeauvillé (zuerst, so scheint es, Villé) als ihrem Hauptsitz angenommen werden, obwohl eine Verordnung von Guillaume II von Ribeauvillé tatsächlich drei ‚cercles’ (Kreise) einrichtet, im Norden um Bischwiller oder Rosheim, im Süden um Alt-Thann (S.48). In seiner Eigenschaft als Schutzpatron der ‚fliegenden’ Musikanten erhebt der Herr von Ribeauvillé offenbar eine empfindliche Gebühr (deren Geschichte sich vertiefen ließe) und übt seine ihm übertragene Autorität mit Hilfe einer Organisation aus, an deren Kopf ein ‚Pfifferkunig’ steht.

Bleibt die Liste der Meister auch lückenhaft, so kann dennoch geschlossen werden, dass sie sich, hauptsächlich in dem modernen Zeitabschnitt, ein großes Ansehen erwarben – der letzte der Reihe war zwischen 1787 und der Revolution Francois Joseph Wuhrer (der das Amt eines Organisten und französischen Schulmeisters ausübte) und der seine musikalische Ausbildung bei der französischen Gendarmerie in der Garnison von Lunéville erhielt.

Die Bruderschaft, die sich unter den Schutz der Jungfrau stellte, was vor allem anlässlich des Pilgerzuges von Dusenbach eine zentrale Rolle spielte – und in den Statuten von 1606 festgeschrieben ist -, verfügte über Altäre in mehreren anderen Orten (besonders in Alt-Thann oder in Straßburg). Hat das Auf und Ab, das mit der Reformation einhergeht, eine Auswirkung auf die Spielleute gehabt? Die Frage bleibt offen. Dagegen lässt sich das bru-derschaftliche Funktionieren ziemlich gut seit der Ordnung von 1494 aufzeigen, die, unter anderem, 1606 erneuert wurde (vollständiger Text in beiden Sprachen in einer gedruckten Version von 1784 auf den Seiten 72-75). Man erfährt die Regelungen, die eine große institutionelle Kontinuität begründeten (z.B. durch die Rückgabe des Insignums und des besten Instrumentes eines verstorbenen Bruders als eine Art Vermächtnis an die Bruderschaft) und natürlich die Disziplin und die Pflichten der Vereinigung.

Die Aktivitäten der Bruderschaft werden vor dem Hintergrund der besuchten Archive weitgreifend beschrieben (S.220-221) sowie die hauptsächliche Entwicklung in der modernen Zeit, besonders im 18. Jh.. Zu dem, was diesem vorausgeht, ließe sich andernorts zweifellos noch viel finden – in den Protokollen von Obernai oder in den verstreuten juristischen Jahrbüchern und in den Erlassen, die von den städtischen Autoritäten herausgegeben wurden (wie denen des Rats XXI in Straßburg, die eine wahre Goldgrube auf diesem Gebiet sind). Der Autor beschreibt die Blütezeiten dieser Bruderschaft, vor allem den Pfiffertag, der das Thema eines umfangreichen Kapitels ist (erfreulicherweise mit einer Karte, die die Herkunftsorte der 135 Teilnehmer dieses jährlichen Treffen aufführt, S. 126), aber leider ist hier die Bildauswahl sehr knapp. Die zentrale Frage nach der Koexistenz einer Volkskultur und einer offiziellen Hochkultur bildet den Mittelpunkt der letzten drei Kapitel des Buches: Der Exkurs über das Repertoire könnte vergrößert werden, vor allem über die Veränderungen der Tonarten, Melodien, Tanzschritte, Instrumente. Wie steht es vor der französischen Eroberung mit den Wanderungen der elsässischen Musiker in andere Kulturregionen, z.B. in welsche Länder und umgekehrt? Ebenso mit dem Hirtenfest von Froideval bei Belfort Anfang Mai oder mit den zahlreichen Kilben der Gegend?
Die Fülle der ausgeführten Arbeit von H. Büsemeyer darf nicht den Blick dafür verstellen, was noch zu tun oder richtig zu stellen bleibt (im Index sind Guillaume und Wilhelm von Rappoldstein verschiedene Personen; Werner Burggraf S.44 wird der Burggraf Werner usw.). Der Beitrag der Archäologie und der Wappenkunde ist in verschiedener Weise verbesserungsfähig. So haben die Ausgrabungen der Drogerie Serpent in Straßburg (deren Veröffentlichung durch Maxime Werlé angekündigt ist) Fresken des 14. Jh. zum Vorschein gebracht, die mehrere Musikanten darstellen. Gleichfalls hätte der Autor den Dudelsack reproduzieren können, der als ritterliches Emblem der Ländereien der Ribeaupierre dient, und der aus dem 16. Jh. stammt und im Archiv von Innsbruck aufbewahrt wird.

Zusätzliche Informationen

Gewicht 0,88 kg

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